top of page
Noch keine Tags.

SEARCH BY TAGS: 

RECENT POSTS: 

FOLLOW ME:

  • Facebook Clean Grey
  • Twitter Clean Grey
  • Instagram Clean Grey

CfP: Philozionismus. Workshop at LMU Munich, 19-20 July 2017


Workshop für (Post-) DoktorandInnen der Geistes- und Sozialwissenschaften, speziell für (Nachwuchs-) WissenschaftlerInnen aus den Disziplinen Geschichte, Sprach- und Literaturwissenschaften sowie benachbarter Fächer.

Das Jahr 2017 markiert den 100. Jahrestag der Balfour Declaration, in der die Britische Regierung die Errichtung einer „nationalen Heimstätte für das jüdische Volk“ garantierte. Wir möchten dieses Jubiläum zum Anlass nehmen, um prozionistisches Engagement aus nichtjüdischer Perspektive zu untersuchen.

Philozionismus und Philosemitismus

Der Begriff Philozionismus findet sich in der Forschungsliteratur, war aber auch Selbstzuschreibung historischer Akteure. Doch auch heute erfährt der Begriff weder eine eindeutige Klärung im Selbstverständnis sich als solche verstehender Philozionisten, noch liegt in der Forschungsliteratur eine hinreichende Definition vor.

Der Gegenstand des Zionismus erscheint als geeignet, die in Deutschland geführten Debatten über jüdische Emanzipation und Assimilation aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Eine Untersuchung der Motive von nichtjüdischen Philozionisten erhellt dabei nicht allein das Feld politischer Positionierungen, sondern berührt nichtjüdische Imaginationen über das Jüdische selbst. Der Rezeption des Zionismus als einer politischen Bewegung gingen oftmals christliche Vorstellungen und Sehnsüchte voraus. Doch auch als sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Zionismus als reale politische Bewegung konstituierte, reduzierte sich die allgemeine Rezeption nicht auf deren politisches Handeln; kulturelle Vorstellungen, religiöse Sehnsüchte und politische Erwägungen mischten sich in die Rezeption.

Der Workshop möchte diesen Verbindungen mit folgenden Leitfragen auf den Grund gehen:

Welches Judenbild wurde in der Rezeption des Zionismus vertreten? War das Judentum Stamm, Volk oder Religion, und erschienen Juden grundsätzlich als Deutsche oder Fremde? Wie viel Definitions- und Entscheidungshoheit überließ man dabei Juden selbst? Welche Rolle spielten in diesen Diskursen religiöse und geschichtsphilosophische Zuschreibungen? Wie verhält sich die Rezeption des Zionismus zu um 1900 kursierenden antisemitischen Stereotypen wie jenem der jüdischen Unproduktivität? Wie viel Philo- steckte im Philozionismus? Welche proklamierten und verborgenen Motive führten zum Interesse und prozionistischen Engagement von Nichtjuden?

Mögliche Aspekte des philozionistischen Engagements von Nichtjuden sind:

Philozionismus und Christentum

Die in der englischen Literatur des viktorianischen Zeitalters verbreitete Idee einer Restoration of the Jews gilt gemeinhin als Form eines christlichen Proto-Zionismus, der bis in die höchsten Kreise der britischen Politik und Diplomatie hinein Wirkung entfaltete. Der Workshop will neue Perspektiven auf den millenaristisch-messianischen Philozionismus und verwandte christliche Perspektiven auf den Zionismus anregen. Von Interesse sind deren konkrete literarische und theologische Ausgestaltung, der Einfluss auf die Palästina-Politik europäischer Staaten, sowie die Verbreitung in anderen europäischen Ländern. Dabei können auch aktuelle Phänomene wie die Entwicklung und Praxis des US-amerikanischen Evangelikalismus und dessen Unterstützung für den Staat Israel in den Blick genommen werden.

Philozionismus und Emanzipation

Die Friedensaktivistin Bertha von Suttner, eine enge Freundin Theodor Herzls, sah im Zionismus ein Vehikel zur Verwirklichung progressiver Prinzipien: die Wiederherstellung der jüdischen Würde und Selbstachtung, eine dem Antisemitismus praktisch entgegenarbeitende Bewegung, sowie die Schaffung eines sicheren Rettungshafens für verfolgte Juden.

Philanthropische Positionen, denen es um eine Milderung der Judennot in Osteuropa ging, verbanden sich im Westeuropa der Jahrhundertwende oft mit dem Zionismus. Dabei wurde dieser nicht nur als praktisches Instrument zur Umleitung ostjüdischer Bevölkerungsströme erwogen, sondern zugleich führten auch nichtjüdische Kreise Diskussionen über den Zionismus als Erneuerungsbewegung der geistigen und sozialen Struktur des Judentums. Daran anknüpfend können auch Diskussionen, etwa in der Arbeiterbewegung, untersucht werden, die sich auf das zionistische Ideal der Erneuerung und Produktivierung des jüdischen Volkes in Palästina bezogen.

Philozionismus und Antisemitismus

Auch unter Reaktionären und Aktivisten aus der antisemitischen und völkischen Bewegung fand der Zionismus Widerhall. Dabei schwanken die Positionen zwischen euphorischer Befürwortung und scharfer Zurückweisung des Zionismus. Einzelne Protagonisten dieser Milieus sahen den Zionismus als jüdische Bewegung an, deren Kern ebenso der völkisch-rassistische Gedanke war und die – mit den eigenen Positionen übereinstimmend – einen klaren Bruch zwischen „Juden und Deutschen“ anstrebte. Dies soll anhand von Darstellungen der Rezeption zionistischer Positionen bei Völkischen und Antisemiten beleuchtet werden. Der jüngst von Stefan Vogt vertretene Ansatz, den deutschen Zionismus als Teil des allgemeinen deutschen Nationalismus zu betrachten, wenn auch in einer subalternen Position, kann dabei als konstruktive Herangehensweise genutzt werden.

Philozionismus und Wissenschaft

Eine Untersuchung der wissenschaftshistorischen Perspektiven des Philozionismus verknüpft vielfältige Perspektiven. Bedeutende deutsche Naturwissenschaftler wie der Geologe Max Blanckenhorn und der Afrikaforscher Georg Schweinfurth waren Unterstützer des zionistischen Vorhabens im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts. Beide leisteten auch wissenschaftliche Pionierarbeit, die die Schaffung eines Judenstaates erleichtern sollte. Gleichzeitig propagierten diese Akteure des wissenschaftlichen Philozionismus die „Hebung des Orients“ durch jüdische Arbeit und negierten durch ihren Blick auf den Zionismus antisemitische Stereotype von jüdischer Unproduktivität. Diese Philozionisten legitimierten das Siedlungsvorhaben der Zionisten auch durch wissenschaftliche Argumente. Auch die Rezeption des Zionismus in der Palästinawissenschaft des 19. und 20. Jahrhunderts ist weitgehend unerforscht.

Zionistische und jüdische Reaktionen auf Philozionismus

Die Vielfältigkeit des Phänomens Philozionismus soll nicht nur untersucht werden auf zustimmende Positionierungen, konstruktive Interaktionen und Bereiche der praktischen Zusammenarbeit, sondern auch auf einer weiteren Ebene: Welche Reaktionen erfuhren philozionistische Akteure durch die zionistische Bewegung? Und darüber hinaus: Welche Wirkung hatten philozionistische Äußerungen auf die jüdische, nicht-zionistische Wahrnehmung des Zionismus?

Zur Teilnahme:

Erbeten werden 20-minütige Beiträge in deutscher oder englischer Sprache; gern können auch vorab eigene Texte eingereicht werden, die im Workshop besprochen werden. Bei Interesse bitten wir um Einsendung eines kurzen Exposés (max. 2.500 Zeichen bzw. 300 Wörter) und Lebenslaufs bis zum 01. März 2017 an:

Fabian Weber, M. A. (Fabian.Weber@lrz.uni-muenchen.de)

Dana v. Suffrin, M. A. ( DanaSuffrin@lrz.uni-muenchen.de )

Die Kosten für Anreise und Unterkunft werden voraussichtlich von den Veranstaltern übernommen.


bottom of page